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Waldumbau, Naturverjüngung, Klimatauglichkeit, Wald vor Wild …
Dies alles sind Begriffe, die in politischen Debatten und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen immer häufiger fallen und über die aktuell teils intensiv gestritten wird. Besonders in Brandenburg haben diese Themen Fahrt aufgenommen, nachdem das von Bündnis 90/Die Grünen geführte Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) den Entwurf zu einem neuen Jagdgesetz veröffentlicht hat.
Monokulturen – Deutschlands anfällige Wälder
Deutschlands Wälder sind anfällig. Für lange Zeit als reine Monokulturen (meist aus Fichte, Buche oder Kiefer bestehend) angelegt, haben sie Wetter und Schädlingen oftmals nur wenig entgegenzusetzen. Dies soll sich nach Vorstellung insbesondere Grüner Politiker auf Bundes- und Länderebene lieber gestern als heute ändern, indem Monokulturen in widerstandsfähigen Mischwald umgewandelt werden. Doch der Weg dahin ist lang und beschwerlich. Besonders wichtig für die geplante Umwandlung und Verjüngung sind Jungpflanzen, die nur zu gerne von Wildtieren verbissen werden.
Bei allem Verständnis für das Ansinnen nach gesunden Wäldern und dem berechtigten Wunsch zum Schutz der Jungpflanzen, darf dabei unser heimisches Wild nicht auf der Strecke bleiben und zum Schädling degradiert werden. Es gilt weiterhin zu betonen und sicherzustellen, dass Wald nur mit Wild gehen kann und Wald ohne Wild keine Option darstellt.
Zur Bewältigung der Zielsetzung „Waldumbau“ muss das Rad nicht neu erfunden werden. Wie bei vielen anderen Zusammenhängen auch gibt es Studien und Wissensschätze, auf die zurückgegriffen werden kann. So veröffentlicht beispielsweise die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) bereits über mehrere Jahre ihre Studien und Erkenntnisse zum Thema Wildverbiss. Die Forscher aus der Schweiz beobachten dafür unterschiedliche Baumarten und dokumentieren den Verbiss von Pflanzenteilen durch Wildarten zu einem bestimmten Zeitpunkt im Jahr.
Eine mehrjährige und im Jahr 2014 veröffentlichte Studie vermittelt ein genaues Bild darüber, wie 200 Jungpflanzen von 11 Baumarten im Jahresverlauf von Wildtieren verbissen wurden. Dabei ist zu beachten, dass diese Studie in der Schweiz in drei Gebieten mit unterschiedlichen Höhenlagen und Wilddichten durchgeführt wurde. Aus ihr wurden die „5 Perioden des Verbisses“ abgeleitet, die wir Euch nachfolgend kurz wiedergeben möchten.
Die 5 Perioden des Verbisses (Das „5-Perioden-Modell“)
Ob nun verwunderlich oder nicht: innerhalb der Jahreszeiten tritt der Verbiss an Pflanzen in unterschiedlicher Intensität auf, wobei zwischen Sommerverbiss und Winterverbiss unterschieden wird. Baumarten werden nicht gleichmäßig während aller Jahreszeiten verbissen, sondern haben einen Schwerpunkt entweder in der Sommerperiode oder der Winterperiode. Und selbst innerhalb der Sommer- und Winterperiode gibt es wiederum einen Zeitraum, in dem der Verbiss an bestimmten Pflanzen schwerpunktmäßig stattfindet. Das hier betrachtete Phasenmodell spricht in diesem Zusammenhang von Verbissattraktivität:
Periode 1: Frühwinter – beginnender Blattfall bis 15. Januar (durchschnittlich 75 Tage)
Periode 2: Spätwinter – vom 15. Januar bis zum Austrieb (durchschnittlich 105 Tage)
Periode 3: Erste 20 Tage nach dem Austrieb
Periode 4: Frühsommer – bis zum Auftreten von Vitalitätseinbussen an den Blattorganen (durchschnittlich 100 Tage)
Periode 5: Spätsommer – bis zum Blattfall (durchschnittlich 65 Tage)
Quelle: waldwissen.net
Die Trennung zwischen Winterverbiss und Sommerverbiss wird durch den Austrieb im Frühjahr bestimmt. Die so genannten Vitalitätsverluste an den Blattorganen bilden den Übergang vom Frühsommer zum Spätsommer. Als Äsungsangebot stehen den Wildtieren im Spätsommer und Frühwinter diverse Früchte und Pilze zur Verfügung, wodurch die Blätter der Laubbäume weniger im Fokus stehen. Und ein offensichtlicher – jedoch nicht zu vernachlässigender – Aspekt hinsichtlich der höheren Lagen: der Verbiss im Winter hängt primär von der Höhe der Schneedecke ab und weniger vom Zustand der Pflanzen. Ist die Pflanze also von Schnee bedeckt und für Wild unzugänglich, wird sie auch nicht verbissen. In milden Wintern oder tieferen Lagen stellt sich eher der gegenteilige Effekt ein.
Ableitungen aus der Studie zu Verbissschäden und Waldumbau
Die Kenntnis über den Zeitpunkt von Verbissschäden kann dabei helfen, geeignete Schutzmaßnahmen einzuleiten und so Jungpflanzen vor dem Zugriff von Wildtieren zu bewahren. Der geplante Waldumbau kann auf diese Weise gelingen, denn wie aus dem 5-Perioden-Modell abgeleitet werden kann, stehen für die einzelnen Perioden bereits aussagekräftige Informationen zur Verfügung. Um nur ein Beispiel zu nennen, so sind Jungpflanzen für Wildtiere im Spätsommer und Frühwinter aufgrund attraktiverer alternativer Äsungsangebote weniger interessant. Dies ändert sich jedoch in der zweiten Winterhälfte und mit dem Start der Vegetationszeit, in denen Jungbäume für Wild wieder stärker an Bedeutung gewinnen.
Wer Verbisszeiten untersucht und dokumentiert, kann anhand der Muster und Regelmäßigkeiten gezielt gegen Verbiss vorgehen. Auch der Einsatz von Fotofallen wird so erleichtert, denn je mehr über Ort und Zeitpunkt von Verbiss bekannt ist, desto gezielter können die Geräte an den jeweiligen Schwerpunkten eingesetzt werden. Das daraus gewonnene Material dient im weiteren Schritt zur Computersimulation und findet Verwendung für weitere Studien.
Fazit
Auch wenn die Ergebnisse nicht 1:1 auf alle Regionen in Deutschland übertragbar sind, so sind doch sicherlich einige wichtige Erkenntnisse daraus abzuleiten, wie der Waldumbau gelingen und der Schutz von Jungpflanzen sichergestellt werden kann. Das Äsungsverhalten der Wildtiere zu bestimmten Jahreszeiten ist auch für Deutschland darstellbar. Anhand dieser detaillierten Daten können wichtige und richtige Rückschlüsse auf zielgerichtete Maßnahmen zum Schutz der Jungpflanzen abgeleitet werden.
In der Frage des Waldumbaus gilt es, die nächsten Schritte nicht nur im stillen Kämmerlein mit seiner eigenen Partei oder Interessenvertretung auszuhandeln. Vielmehr gehören auch wir Jäger und unsere Verbände mit an den Tisch, da die Naturverjüngung nur gemeinschaftlich erfolgen kann. Auch wenn schon oft betont, wird die Jägerschaft einen Waldumbau zu Lasten der Wildtiere nicht unterstützen. Es ist daher unumgänglich, eine verträgliche Lösung zu finden. Und wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, stehen zum Beispiel mit dem Monitoring zu Verbissschäden auch geeignete Maßnahmen zur Verfügung – wenn man sie denn annehmen möchte. Es gibt demnach Lösungen, bei denen keine Seite mit ihren Forderungen zurückstehen muss: weder die Befürworter von Wald und Forst noch die Vertreter von Wild.
Hat Euch dieser Artikel gefallen? Wie steht Ihr zum Themenkomplex Waldumbau, Naturverjüngung und Wald vor Wild? Sind die Parteien, die diese Maßnahmen fordern, auf dem richtigen Weg oder schießen sie über das Ziel hinaus, indem sie nur den Wäldern Priorität einräumen und sich alles andere unterordnen soll? Habt Ihr Erfahrung mit den 5 Perioden des Verbisses? Könnt Ihr die Erkenntnisse der Schweizer Studie bestätigen? Macht ihre Einteilung Sinn und sind die Ergebnisse auf Deutschland übertragbar? Teilt uns Eure Meinung über die Kommentarfunktion mit.